Blink 182 - Interview

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interview

aus der Abteilung ‘Wie ich mal mit Popstars reden durfte’. Persönliche Erlebnisberichte dieser Art sind zwar eigentlich immer doof, von wegen egozentrischer Selbstbeweihräucherung, aber bei der „poopy poppy punk like stuff“-Band BLINK 182 gilt: No risk, no fun.


„Ich weiß nicht, ob es sich auch hier schon herumgesprochen hat, aber in Amerika gelte ich als sehr gutaussehend!“, beginnt Gitarrist Tom ‘Hot Pants’ DeLonge das Gespräch. Wie immer, wenn eine Frau anwesend ist. Um den jungen Mann nicht gleich zu überfordern, bleiben wir bei seinem Lieblingsthema und reden über das Video zu „What’s My Age Again?“, bei dem Tom, Mark und Travis ziemlich unbekleidet aussehen. „Der Regisseur wollte ein Video machen, das unsere Persönlichkeit portraitiert. Und alles, was ihm einfiel, war, uns nackt auf der Straße rumlaufen zu lassen.“ Tom findet das super, und er meint, dass alle Kids in Amerika wissen, dass nur Blink 182 so etwas Verrücktes machen würden. In Amerika scheint Nacktheit ja im Moment eine ganz große Sache zu sein, also frage ich einfach mal, warum man im Video die Schwänze nicht sehen kann. Tom wird sofort wieder seiner Rolle gerecht und fragt, ob ich die gern sehen möchte. Mir ist das egal, da ist er gekränkt und findet mich unanständig. Eigentlich wollte ich nur etwas über die amerikanische Prüderie erfahren, aber was soll’s. Schließlich kann ich ihm doch noch ein halbwegs ernsthaftes Statement entlocken: „Es ist illegal, Penisse im Fernsehen zu zeigen. Aber wir sind wirklich nackt in dem Video. Sie haben es nur verzerrt.“

Bevor Tom wieder auf dumme Gedanken kommt, wechseln wir ein wenig das Thema und versuchen, ganz ernsthaft über Porno - „I love it!“ - in Amerika zu reden. Schliesslich prangt auf dem Cover des neuen Albums Pornostar Janine in klassischer Krankenschwesterpose. „In Amerika wird von einigen Firmen versucht, Pornos auch an jüngere Leute zu vermarkten. Bei ‘Vivid Video’ zum Beispiel haben sie diese Mädchen, die sind richtig hübsch und einfach irgendwie cool.“ Nachdem wir dann geklärt haben, dass er aber auch noch ohne visuelle Unterstützung onanieren kann, wird es Zeit, erneut das Thema zu wechseln.

Sowohl in ihren Texten als auch in ihrem infantilen Verhalten stellen sich Blink 182 stets als Menschen dar, die nie erwachsen werden. „Sich die ganze Zeit wie ein Kind zu benehmen, ist die lustigste Sache, die man tun kann“, bekräftigt Tom dieses Image. „Ich glaube, erwachsen werden ist ziemlich schwer, da muss man sich mit vielen Dingen herumschlagen. Aber es macht auch Spaß, jedenfalls mehr, als alt zu sein. Und wenn ich mir andere Leute in meinem Alter anschaue, die gerade mit dem College fertig sind - da habe ich doch viel mehr Spaß.“ Das mag der Grund sein, warum Tom es auf dem College nur ein Jahr ausgehalten hat. Mark war sogar fünf Jahre dort, aber einen Abschluss hat er auch nicht. Er hat wohl die falschen Kurse gewählt, vermutet Tom. Wer macht eigentlich den ganzen Kram wie ‘www.loserkids.com’ für die kindischen Drei? „Nein, nicht unsere Mütter. Mark und ich haben damit angefangen, das ist unsere Website. Wir haben zwar jemanden angestellt, der das für uns macht, aber wir nehmen unser Geschäft sehr ernst. Auf der Bühne oder wenn wir Songs schreiben, benehmen wir uns wie Kinder, aber hinter den Kulissen sind wir ernsthafte Menschen.“ Aha! Das lustige Image ist bloß Show? „Nein, nein, wir sind wirklich so. Aber wenn wir müssen, also in geschäftlichen Dingen, können wir auch seriös sein.“

Ganz ernsthaft wird im Pressematerial zu „Enema Of The State“ (ein lustiger Ulk: ‘Enema’ klingt wie ‘Enemy’ und heißt Einlauf) argumentiert, warum jeder auf seine Darmgesundheit aufpassen soll. Tom gibt gleich ganz ehrlich zu, dass der Text der Band nur in den Mund gelegt wurde, aber er weiß, „dass es in den Arsch geht, dass man viel Wasser dort reintut und dass es reinigt. Als wir das Album aufgenommen haben, haben wir es ausprobiert.“ Tom kriegt leuchtende Augen und erzählt mir, wie gut er sich danach fühlte und wie gesund so ein Einlauf doch ist. Direkt mit einem Irrigator (Fassungsvermögen: 1 Liter) konfrontiert, wird kurzfristig über dessen Bühnentauglichkeit nachgedacht, aber dann zieht sich Tom schnell wieder auf seine alte Rolle zurück und fragt, ob ich mir dabei zusehen lassen würde.

So langsam ermüden mich all die Dinge, die ihn anmachen, und ich will - ganz Zicke - sowieso lieber reden. Über andere Bands zum Beispiel. Blink 182 gehören in den USA zu den Top Of The Pops, viele andere Bands, mit denen man befreundet ist, eher nicht. „Das ist ein komisches Gefühl. Pennywise zum Beispiel haben uns so geholfen, und dann haben wir so viele Platten verkauft. Da fühlt man sich so blöd und zerknirscht. Aber es ist auch so, dass diese Bands einen anderen Weg gewählt haben. Wir dagegen sind zu einem großen Label, zum Radio und Fernsehen gegangen. Aber ich fühle mich trotzdem komisch deswegen, weil ich zu diesen Bands immer noch aufschaue.“ Und dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet hätte: Tom glaubt, dass Gott der Grund für den Erfolg ist. Ich lache erst mal, aber er lässt sich nicht beirren: „Durch ihn haben wir Talent, und durch ihn können wir diese Dinge machen. Ich glaube nicht an Zufälle.“ Das schwört er sogar. Und für Sex kommt man auch nicht in die Hölle, sagt er. Da bin ich aber froh.

Petra Engelke für www.visions.de