Pennywise - Interview2

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interview II

Vans Warped-Tour in Duisburg. Pennywise-Gitarriste Fletcher bestreitet im vollklimatisierten Bandbus sehr relaxed den harten Interview-Marathon im Namen von Pennywise.

 

In den Credits Eures neuen Albums „Straight ahead“ heißt es, „All lyrics by Pennywise“ - das interessiert mich. Ihr schreibt doch niemals alle gleichzeitig an einem Text. Wer macht nun was ?
Das variiert ziemlich. Entweder bringt jeder ein music piece mit ein, Jimmy nimmt alles mit nach Hause, kommt zurück und sagt: I’m done. Manchmal singen alle „Fight to die, Fight to die“, dann gehen wir heim, und jeder schreibt einen Song. Manchmal kommt Randy mit einem neuen Song an, manchmal gebe ich meine Ideen für die Lyrics an Jimmy, der rundet sie dann ab. Es ist von jedem etwas, jeder bringt sich jederzeit bei allem voll mit ein. Daher Music and Lyrics by Pennywise !

Erkläre in Deinen eigenen Worten, was  „My own country“ eigentlich bedeutet. Der Song ist ziemlich interessant, aber auch doppeldeutig.
That’s one Jimmy wrote. Ich denke, er hat die Nase von unserer Regierung voll, also ein FUCK YOU (hält schön den Mittelfinger in die Kamera) I AM MY OWN COUNTRY ! Da ist diese Distanz zwischen denen, die uns regieren und uns. Also schaffe ich mir meine eigene Regierung, MP (Military Police), wir sind United States Anarchists (zitiert einige Textpassagen des Songs), ich mach mich selbst zu einem Diktator, auf einem Thron, I make it on my own ! Weißt Du, die US-Regierung ist derart korrupt, so daß Du selbst zu all dem werden mußt, Deine eigene Regierung, Deine eigene Polizei, Du mußt Deinen eigenen Kopf benutzen, alles andere sind Lügen. So kann man den Song verstehen.

Fletcher ist in Fahrt gekommen. Er redet gerne über genau diese Punkte: Benutze Deinen eigenen Kopf, verändere was, und nimm Dich in acht vor dem Establishment. Dann schiebt er nach, daß man mit dem Song eventuell auch Clinton meinen könnte, „I’m a dictator on a throne“, Fletcher grinst.

Fletch, wer sind Deine persönlichen Helden in der Musik, wen bewunderst Du ?
Black Flag. Minor Threat. Das sind die zwei wahren Bands, die mich stark beeinflußt haben. Aber natürlich auch Dead Kennedies, die Circle Jerks, die Descendents, mit diesen Bands bin ich seit 1980 aufgewachsen. Sie alle sind Helden. Sie machten aus mir, was ich bin. Zum Beispiel letztens: Wir spielten auf einem Benefitkonzert für Keith Morris, dem Sänger von Circle Jerks. Er ist schwer erkrankt und muß operiert werden. Also spielten die Vandals und die Weirdos und X und wir dieses Benefit. X reformierte sich, zieh es Dir rein, die Originalmitglieder von X kamen zusammen! Wir spielten 90.000 $ ein und er war sehr gerührt, er dankte uns immer wieder. Aber für uns war klar: Wenn es Dich nicht gegeben hätte, gäbe es mich hier auch nicht. Du hast mich beeinflußt!“ Fletcher sichtlich bewegt, und erklärt voller Stolz „He was my government, you know, back in those days....“

Die Circle Jerks, das bringt mich zu einer Frage. Damals war Punk noch roh, wütend und irgendwie unverfälscht, denk an Minor Threat, Circle Jerks, Descendents, Damned, Pistols. Heute scheint Punk allerdings ein Konstrukt zu sein, für den Markt geschaffen, unter kommerziellen Gesichtspunkten auf MTV abgestimmt. Richtig oder Falsch ?
Richtig, abolut richtig. Gibt es noch Punkrock ? Ich denke nicht. Da gibt’s Pennywise, Sick of it all, Good Riddance, sie haben Punkrock-Ideale und den Geist des Punk und sie glauben auch daran, aber was ist eine Punkrockrebellion, wenn sie von 9 Millionen Leuten betrieben wird ? Die echte Rebellion fand in den für eine Rebellion gefährlichen Achtzigern statt, als es noch hieß „Fuck society, (und zeigt den Finger) Fuck everybody, Fuck the police, Fuck your parents, I’m going crazy of the people ! Das ist vorbei !

Hmm, Jason, denke ich, da stellst Du einer Epitaphband eine solche Frage, und dann so eine Antwort. Aber Fletch sieht es aus seiner Sicht, und die ist die eines angehenden Mitdreißigers und Amerikaners. Nächste Woche spielen Spermbirds in Originalbesetzung, und in GB gibt es wieder einen Punk-Underground, wo die Band DAS lebt, was sie spielt. Fletch spricht also definitiv eher für Fletch !

Also, das ist vorbei. Heute sagt Mom (mit hoher Stimme): OK Kinder, gehen wir zum Pennywise-Konzert. Ich fahre Euch, und vorher gehen wir noch zu McDonalds. Diese Sache ist zahm. Das ist ein Unterschied zwischen Gut und Böse. Damals in den frühen Achtzigern war es total destruktiv, echt gefährlich, viele Leute starben, brachten sich irgendwie um, so „wir haben keine Chance, so Fuck The World“. Nun mit Bands wie uns, Good Riddance, NoFX und wem auch immer, ist die Message anders: Es ist eher wie - Versuch Spaß zu haben und mach was aus Deinem Leben. Also ist es anders, aber ist es schlechter als in den Achtzigern ? Ich weiß es nicht. Ich glaube, das heute schon besser ist, es gibt weniger Gewalt, the Kids have a good time. Aber nochmals, ich hatte auch eine großartige Zeit in den frühen Achtzigern, wir wurden gejagt, hatten jede Woche Ärger mit der Polente und warfen Flaschen auf die Cops. Sehr nostalgisch.

Nochmal zu den Lyrics des Punk, damals und heute: Die Wahrheit auch zu benennen ist ganz schön hart unter den Gesetzen der Political Correctness (also Scheiße auch Scheiße zu nennen), besonders in Amerika. Würdet ihr gern noch offener werden, und seid ihr bei Epitaph an Regeln gebunden?
Nun holt Fletch so richtig aus. Ich kürze das mal. Also, PC ist manchmal für Fletch ein ziemlich dämlicher Begriff, jedenfalls wollen die Leute PC sein, das ist aber schwierig, denn der Anspruch des Absoluten läßt sich nicht immer aufrechterhalten, denn „the whole world is just a giant ball of crazy shit going on...“
und da geht es nicht immer, das man sich frei macht von allen Konsequenzen, so meint Fletch, wenn Du Coke trinkst, ist es schon vorbei mit PC. Aha. Also so richtig korrekt, das ist dann auch ökologisch, und das gibt’s nur, wenn Du isoliert in den Bergen fernab jeder Zivilisation lebst.
Und Fletch zitiert, das ein US Punkrock-Fanzine, Maximum Rock’n’Roll, keine Werbung und keine Review mehr für Pennywise macht, weil sie sooooo (gähnt) Political (gähnt) correct sind ! Jetzt kommt der Witz: Da Pennywise in Japan von Sony vertrieben wird, müßten die bei Maximum Rock’n’Roll eigentlich ihre Fernseher und Kameras wegschmeißen ! So weit die Logik der harten PC-Welt, dank Fletch nun etwas klarer: „It’s so hard to be political correct !!“

Fletch - A tribute to Jason Matthew Thirsk.

Mir fiel an Fletch’s linkem Handgelenk die Initialen JMT auf. Ich fragte ihn, ob das Tattoo in Memory of Jason Thirsk ist, dem Freund und Pennywise-Mitgründer ?
Yeah, es ist erst zwei, nein, eine Woche alt. Sein Name war Jason Matthew Thirsk !

Fletch ist sichtlich bewegt, das geht ihm an die Nieren. Jason starb 1996, und Pennywise hat in der Phase danach die ziemlich straighte, ja wütende Platte „Full Circle“ gemacht, durch den Tod Jasons bewegt. Wenn Fletch seine Gitarre spielt, dann kann er das JMT ständig lesen.

Ich merke, daß Fletch nun gar nichts mehr sagt, das ist eine neue Erfahrung. Bevor niemand mehr etwas sagt, dann frage ich ihn, wo er Pennywise in fünf Jahren sieht, wie die Zukunft aussieht.
I don’t know ! It’s like ... wir sprechen doch keinen Dreißigjährigen an, der eine Pennywiseplatte hört und sagt, großartig, denn wenn er das tut, dann hat er uns auch schon vorher, mit zwanzig, gerne gehört, und das ist ein kleiner Prozentsatz. Die Fans bleiben jung, von vierzehn aufwärts, und wir werden älter, und so, wenn wir in fünf Jahren - „as long that we feel in our heart“ - noch Songs machen, zu denen WIR auch stehen, dann wird Pennywise auch noch spielen !!!

Was ist eure zweite Singleauskopplung und welches Video gibt’s dazu ?
The next single... welche Single läuft denn in Europa ?

Aktuell ? „Alien“ (das war gelogen, den ich hatte das nur gelesen, und war mit meiner Behauptung dann auch 14 Tage zu früh).
I don’t know what they’re doing over here. In Amerika haben einige Leute „Alien“ im Radio gespielt (wohl College-Radio ?) und dann haben wir das Video gemacht, aber ich glaub nicht, das sie’s mögen, vielleicht auf „120 Minutes“ oder so. Die zweite Single, keine Ahnung, man redet über „Victim of reality“, aber da gibt’s kein Video zu.

Werdet Ihr wieder dieses Album ein ganzes Jahr lang betouren, so wie bei Full Circle ?
Wir haben die Warped-Tour nun in Amerika und Europa gemacht und haben nun einen Monat frei. Dann machen wir wieder ein paar Shows.

Mit welchen Partnern?
Ein Festival mit Kid Rock, Unwritten Law, Orgy, und dann eine reine US-Clubtour und dann Australien und Japan und dann zurück nach Europa, im Mai, zu Festivals. Also, Pennywise betouren dieses Album definitiv ziemlich heftig.

Da man uns hetzt, nach lediglich 17 Minuten uns zu beeilen, nun einige Shorts: Computerloops im Rock, was denkst du darüber ?
Interessant.

Und MP3 und freie Downloads?
Gut. Wir haben auf unserer Website alle Pennywise-Bootlegs frei ins Netz gestellt. Und auch unser Album ist als MP3 im Netz. It’s pretty cool.

Nun das Finish: Was ist das Schlimmste, was Dir auf einer Tour passieren könnte ?
I don’t know.

Running out of beer ?
Yeah, that’s a bad one. The worst to happen ? Probably getting arrested, that’s terrible.

Thank You, Fletch.

Jason Baton für www.brokensilence.de